Teaserbild
Trennline

Dorothea von Sachsen, 1610-1617. Reichstaler 1617, Quedlinburg, Dav. 5718 (dieses Exemplar abgebildet); Mehl 410 (dieses Exempla abgebildetr); Schnee 640 (dieses Exemplar abgebildet).

DEUTSCHE MÜNZEN UND MEDAILLEN
QUEDLINBURG, ABTEI

Zurück zur Listenansicht
In Merkliste legen

Losnummer 445




Schätzpreis: 12.500,00 €
Zuschlag: 12.000,00 €


Dorothea von Sachsen, 1610-1617.
Reichstaler 1617, Quedlinburg, mit Titel von Matthias. 28,61 g. MO Ú NO Ú D Ú G Û DOROT Ú - DVC Û SAX Û A Ú QUEDL Æ Û Dreifach behelmtes, 12feldiges Wappen mit Mittelschild//MATHI Ù D Ù G Ù ROMAN Ù IMPER Ù SEMP Ù AV Ù Gekrönter Doppeladler mit Reichsapfel auf der Brust, oben die geteilte Jahreszahl 16 - 17, unten die Signatur T - E (Tobias Eitze, Münzmeister in Quedlinburg 1615-1617).
Dav. 5718 (dieses Exemplar abgebildet); Mehl 410 (dieses Exempla abgebildetr); Schnee 640 (dieses Exemplar abgebildet).

Von größter Seltenheit, dwohl das einzige im Handel befindliche Exemplar. Herrliche Patina, attraktives, vorzügliches Exemplar

Exemplar der Auktion Fritz Rudolf Künker 223, Berlin 2013, Nr. 477; der Auktion UBS AG 57, Zürich 2003, Nr. 1424 und der Slg. Rudolph Ferdinand von Scheel-Weiher und Nimptsch, Auktion Schott-Wallerstein, 1909, Nr. 518.

Äbtissin Dorothea war eine Schwester der regierenden Herzöge und Kurfürsten Christian II. (1591–1611) und Johann Georg (1611-1656). Sie wurde am 18. April 1610 zur Äbtissin des reichsunmittelbaren und freiweltlichen Stifts Quedlinburg gewählt. Nach Empfang der kaiserlichen Bestätigung erfolgte ihre Huldigung am 19. Juli desselben Jahres. Zwischen 1615 bis zu ihrem Tode zwei Jahre später betrieb Dorothea über den Pächter Christian Gerlach und dem Münzmeister Tobias Eitze eine Münzstätte. Als deren Erzeugnisse sind verbürgt zahlreiche Reichsgroschenvarianten von 1615 bis 1617, der hier vorliegende Reichtaler sowie Schautaler 1617 zu 1, 1 ½ 2 und 3 Talern sowie zu 8 ½ und 10 Dukaten. Zum 100-Jahrfeier des Beginns der Reformation feierte Äbtissin Dorothea in Quedlinburg vom 31. Oktober bis 2. November 1617 ein dreitägiges Fest. Im nachweisbaren Münzbestand oder im Aktenmaterial zur Quedlinburger Münzprägung gibt es indes keine eindeutigen Hinweise auf entsprechende anlassbezogene Gedenkstücke. Unmittelbar nach dem Quedlinburger Reformationsfest reiste die Äbtissin zu ihrem Bruder nach Dresden. Nach kurzer Krankheit starb sie hier am 17. November desselben Jahres. Ihre Beisetzung erfolgte in der Familiengrabstätte der sächsichen Kurfürsten im Dom zu Freiberg.

 

Adalbert Düning hat in seiner Übersicht über die Münzgeschichte des kaiserlichen freien weltlichen Stifts Quedlinburg (Quedlinburg 1886, S. 27) zwei Varianten des Reichstalers 1717 herausgestellt. Nach seinen Angaben ist die eine mit einem Rückseitenstempel geprägt worden, bei dem die Endziffer 7 der Jahreszahl zuvor vom Eisenschneider aus einer 5 geändert worden sein soll. Demzufolge ließe sich in der ursprünglichen Reihe der Münzen der Abtei Quedlinburg auch die Existenz eines Reichstalers 1615 postulieren, wenn man nicht unterstellen wollte, dass der Stempelschneider bei der Gestaltung der Stempel irrtümlich eine falsche Jahreszahl ins Prägeeisen eingebracht und seinen Fehler dann durch Umänderung der Endziffer umgehend in 1617 korrigiert hat. Düning hat diesen Taler nicht näher beschrieben oder abgebildet. Bis zum heutigen Tage ist indes ein solches Exemplar von 1617 mit einer aus 1615 geänderten Jahreszahl nicht mehr aufgetaucht. Hinsichtlich der zweiten Variante des Reichstalers 1617 hat er als Charakteristikum die unverändert belassene, direkt in den Rückseitenstempel eingebrachte Jahreszahl angeführt. Diese Münze hat er zwar ebenfalls nicht im Detail beschrieben, doch unter Tf. II, 23 abgebildet. Manfred Mehl (S. 589) hat Dünings Beobachtungen rekapituliert und kommentiert. Er möchte dessen Angaben nicht bezweifeln und geht von der einstigen Existenz des Prägeeisens für einen Talerjahrgang 1615 aus, da „nicht anzunehmen ist, daß sich ein Mann wie Düning geirrt hat, zumal ihm von dieser Münze [der Taler mit der aus 1615 umgeschnittenen Jahreszahl 1617; unsere Anm.] ein Abdruck vorgelegen hat“ wobei er es offen lassen möchte, ob „davon gleich Abschläge gemacht worden sind oder ob der Stempel zunächst liegengeblieben und dann zu 1617 umgeschnitten worden ist“. In seinem Korpuswerk verzeichnet Mehl den Talerjahrgang 1617 unter Nr. 410 mit nur einer Vorder- und nur einer Rückseitenumschrift und fügt seinem Katalogtext Abbildungen von dem hier von uns offerierten Exemplar bei. An Vorkommen vermerkt er neben einem Exemplar im Münzkabinett Gotha aus der Sammlung des Medailleurs Christian Wermuth, das nach seiner Einschätzung wohl bereits in diversen Werken das 18. und 19. Jahrhunderts (Kettner S. 286, Madai 969, von Schultheß-Rechberg 5269, Düning Tf. II, 23) aufgeführt worden ist und notiert diverse Auktionen der Jahre von 1885 bis 2001, die gemäß seinem ausdrücklichen Vermerk allesamt „immer wieder dasselbe Exemplar“ beinhalteten. Der Vergleich von Mehls Beschreibung der Rückseitenumschrift mit der dort beigeordneten Abbildung macht indes stutzig, da die Katalogbeschreibung und die beigeordnete Abbildung der Rückseite nicht übereinstimmen. Aus der Überprüfung der von Mehl angegebenen Provenienzen ergibt sich eindeutig die Existenz zweier unterschiedlicher Varianten mit stets stempelgleichen Vorderseiten, die mit verschiedenen Rückseitenstempeln kombiniert worden sind. Die hier von uns offerierte Variante zeichnet sich insbesondere durch die Endung der Umschrift mit SEMP: AV [Doppelrosette] 16 – 17 aus, wobei die Einserziffer der Jahreszahl im Eisen offensichtlich aus einer ursprünglich geschnittenen 6 zu einer 7 geändert worden ist (zur Korrektur der Jahreszahl siehe auch Mehl S. 589 beim Vermerk der Provenienz dieses Exemplars in Auktion UBS 57), ferner durch die sonst ausschließliche Verwendung von Doppelpunkten als Interpunktionszeichen. Von dieser Variante ist lediglich ein Exemplar bekannt (siehe die Provenienzangaben in unserer Anmerkung). Die Umschrift der zweiten Variante dieses Talers ist in Mehls Katalog beschrieben. Ihre Umschrift endet mit SEMP (Doppelrosette) AVG (Doppelrosette) HL‘ (H und L in Ligatur) 16 – 17 und weist einfache oder doppelte rosettenförmige Interpunktionszeichen auf. Ihr Rückseitenstempel dürfte etwas jünger als die vorherige Variante und erst 1617 geschnitten worden sein, da er keinerlei Korrekturen der Jahreszahl aufweist. Gegenüber der ersten Variante trägt er neben den im Feld befindlichen Initialen T und E für Münzmeister Tobias Eitze auch die ligierten Initialen von Heinrich Löhr, der gemäß Mehl Anfang 1617 Eitze in diesem Amt folgte. Neben dem Exemplar im Münzkabinett zu Gotha gibt es ein weiteres Exemplar dieser zweiten Variante aus Slg. Dr. Alexander Missong (Auktion Adolph Hess 1885, Nr. 2225), Slg. Erzherzog Sigismund von Österreich (Auktion Adolph Hess AG, Luzern 1934, Nr. 284) und im undatierten (Lager-) Katalog 227 (vom April 1937) der Firma Adolph Hess Nachf. Frankfurt, dort verzeichnet unter Nr. 1225, das bereits von Düning auf Tf. II, 23 und später nochmals von Schnee abgebildet worden ist.

Wenn man einen Lesefehler Dünings auf dem ihm vorliegenden Abdruck eines Exemplars mit einer im Stempel geänderten Jahreszahl (1617 aus 1615) nicht bestreiten möchte, so sind ist davon auszugehen, daß einst Stempel für Taler entsprechenden Typs der Jahre 1615, 1616 und 1617 existiert haben. Sollte sich Düning aber in der Deutung der ursprünglichen Jahreszahl des umgeschnittenen Stempels getäuscht haben, so wäre es naheliegend,  daß er das hier von uns offerierte Exemplar besprochen und statt der im Material nachweisbaren Einserziffer 6 eine 5 gelesen hat. In diesem Fall entfiele das Postulat eines Stempels für einen Quedlinburger Talerjahrgang 1615.