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ADOLPH HESS NACHF., Auktion 200 vom 21.5.1930, Frankfurt/Main.

ADOLPH HESS NACHF.
Auktion 200 vom 21.5.1930, Frankfurt/Main.

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Losnummer 3938




Schätzpreis: 10,00 €
Zuschlag: 26,00 €


ADOLPH HESS NACHF. Auktion 200 vom 21.5.1930, Frankfurt/Main.
Katalog 200. Münzen und Medaillen Kaiser Maximilians I. 2 unpaginierte, 11 S. 6 Tfn. 221 Nm. Orig.-Broschur.


Adolph Hess (1935) und Dr. Busso Peus Nachf. (1980) verschweigen den Namen des Schöpfers dieser Spezialsammlung, doch längst wird allgemein postuliert, dass sie Graf von Wilczek (respektive Wilzeck) aufgebaut hat. Detlef Tietjen verzeichnet ihn aufgrund eines Tippfehlers mit dem irrigen Namen "Wilczel". Auf dem Titelblatt hat der Münzenhändler Ludwig Grabow in dem uns zur Verfügung stehenden Handkatalog dieser Auktion die inkorrekte Namensversion "Wilscheck" notiert. Hans Josef (getauft als: Johann Nepomuk Joseph Maria) Graf von Wilczek (* 1837 in Wien, Ó 1922 ebendort) stammte aus einem polnisch-schlesischen Uradelsgeschlecht. Als Großgrundbesitzer und Inhaber des zweitgrößten Kohlebergwerks der k. u. k. Monarchie konnte er ein illustres Leben führen, das er weniger schillerndem gesellschaftlichem Zeitvertreib widmete, sondern vielmehr seinen breit gefächerten, auf Natur, Wissenschaft, Geschichte, Kunst und Gemeinnützigkeit gerichteten Interessen. Er hatte Archäologie, Kunst- und Naturgeschichte studiert und einen erblichen Sitz im Reichsrat. Als Freilwilliger nahm er auf österreichischer Seite am Deutschen Krieg teil. Für die Rettung eines Kameraden in der Schlacht bei Königsgrätz empfing er die Goldene Tapferkeitsmedaille. Zu dieser Zeit hatte er bereits das Ehrenamt eines Kämmerers am kaiserlichen Hofe in Wien inne, von dem er sich schon 1873 zurückzog, um sich dadurch wohl mehr Raum für andere Aufgaben und Herausforderungen zu schaffen. Die Wahrnehmung der Vielfältigkeit der Natur und der Menschen, aber auch die Jagd sowie wissenschaftlicher Erkennisgewinn lagen ihm am Herzen. Schon in den Fünfziger Jahren hatte er sein Heimatland Österreich erwandert, 1863 Südrussland, die Krim und den Kaukasus bereist und dort ethnographische Studien betrieben. Zwischen 1868 und 1870 unternahm er eine Reise nach Afrika. Die Österreich-Ungarische Nordpolexpedition von 1872 bis 1874 förderte er mit großzügigen finanziellen Zuwendungen, aber auch durch persönlichen Einsatz als Leiter eines Teams, das für die Expeditionsteilnehmer vorab ein Kohlen- und Proviantdepot auf der russischen Doppelinsel Nowaja Semlja im Nordpolarmeer anlegte. Auch die sogenannte Jan Mayen-Expedition von 1883/1884, die zur Errichtung einer Beobachtungsstation auf der gleichnamigen Insel im Polarkreis führte, gewährte er eine umfangreiche finanzielle Unterstützung. Wilczek organisierte auch eine Forschungsreise, die zum Südpol führen sollte, doch verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkrieg die Durchführung dieses Vorhabens. Neben diesen eher gemeinnützigen Forschungsinteressen pflegte Graf Wilczek auch seine Leidenschaft für Kunst und Geschichte, die sich in seinen Kunst-, Antiquitäten- und numismatischen Sammlungen widerspiegelte und ebenfalls in seinem Mäzenatentum für bildende Künstler. So ist überliefert, dass er sich bereits als Dreizehnjähriger mit erspartem Geld seine ersten Inkunabeldrucke gekauft hatte. 1874 erwarb er die weitgehend abgetragene, bereits im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Burg Kreuzenstein bei Wien. Auf ihren Grundmauern ließ er unter fachlicher Leitung der Architekten Carl Gangolf Kayser (Ó 1884) und Humbert Walcher von Moltheim eine historisierende Wehranlage selben Namens errichten, die erst 1906 fertiggestellt wurde. Auf Kreuzenstein brachte er seine Sammlungen unter und beschäftigte von 1902 bis 1914 hier den Kunsthistoriker Walcher von Moltheim als Kustos dieser Bestände (siehe hierzu auch die Anmerkung zu unserer Kat.-Nr. 3682). Weitere seiner Kunstschätze bewahrte er auch in seiner Burg Moosham ("Schloss Moosham"), die er 1886 erworben hatte. Seit 1871 gehörte er der Numismatischen Gesellschaft in Wien an und fungierte als Präsident der Österreichischen Geographischen Gesellschaft. Er war Ehrenmitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, gehörte dem Kuratorium des k. k. österreichischen Museums für Kunst und Industrie an, ebenfalls der k. k. Zentralkommission für Erforschung der Kunst, und historischen Denkmale und des orientalischen Museums. Der Philanthrop Graf Wilczek erwies sich aber nicht nur als Mäzen der Kunst, Wissenschaft und des Gemeinwesens, sondern diente dem öffentlichen Wohl auch als Mitbegründer der Ersten Freiwilligen Wiener Rettungsgesellschaft und finanzieller und praktischer Linderer von Nöten in Kriegen und Naturkatastrophen.