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Eine glänzende Erinnerung an die aufwendige Tauffeier für den Sachsenprinzen August

15. März 2022 13:26


Es ist eine der bedeutendsten Sammlungen europäischer Goldmünzen, die am Dienstag, den 22. März 2022 im Rahmen unserer Frühjahrs-Auktionen versteigert wird. Es handelt sich um die Sammlung von Mark (verstorben 2005) und Lottie Salton (verstorben 2020).

Mark Salton war der Sohn des bekannten Berliner Münzhändlers Felix Schlessinger, der 1936 vor den Anfeindungen und Schikanen der Nationalsozialisten in die Niederlande fliehen musste. Nach der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen wurden Felix Schlessinger und seine Frau verhaftet und 1944 in Auschwitz ermordet. Sein Sohn Max konnte fliehen und begann 1946 in New York unter dem Namen Mark Salton ein neues Leben. Er wurde ein erfolgreicher Banker, doch blieb er der Leidenschaft seiner Familie – den Münzen und der Numismatik – treu. Der begeisterte Sammler und Kenner Mark Salton baute eine grandiose Münzsammlung auf, deren glänzendster Teil die Sammlung europäischer Goldmünzen ist.

Unter den Losnummern 1634 bis 1643 sind sehr schöne Golddukaten des Kurfürstentum Sachsens zu finden. Mehrere Dukaten Augusts des Starken fallen Kennern auf, insbesondere ein 2-Dukatenstück in bester Erhaltung (Losnummer 1638).

Keine dieser sächsischen Münzen ist allerdings so interessant wie eine Goldklippe des sächsischen Herzogs Johann Georgs I. (1611-1656) im Gewicht von 19,60 g. Klippen sind eckige Münzen, die entweder als Notmünzen verwendet wurden oder als Gedenk- und Geschenkmünzen dienten. Gerne wurden sie bei Festen als Geschenk verteilt. Bei dieser Dresdener Klippe, die auf 75.000 Euro geschätzt ist, handelt es sich aber nicht um eine gewöhnliche Klippe, sondern um ein Ausnahmestück von äußerster Seltenheit.

Losnummer 1635 - Sechsfache Dukatenklippe 1614, Dresden. 

Auf der Vorderseite ist in der Mitte in einem Innenkreis das Hüftbild des sächsischen Herzogs Johann Georgs I. (aus der albertinischen Linie) zu sehen. Er trägt einen Harnisch, hält in seiner erhobenen Rechten ein Schwert und mit der Linken seinen federbuschverzierten Helm. Umgeben ist diese Darstellung von der Legende IOHANN GEORG D(ei) G(ratia) DVX SAX(oniae) ARCHIM(areschallus) ET EL(ector) (Johann Georg von Gottes Gnaden Herzog von Sachsen, Reichserbmarschall und Kurfürst). In den vier Ecken der Klippe stehen unter einer Blüte vier Wörter, die die Herrscherdevise des Kurfürsten wiedergeben: SCOPVS – VITÆ – MEÆ – CHRISTVS (Das Ziel meines Lebens ist Christus).

Auf der Rückseite sind in allen vier Ecken der Klippe Engelsköpfe mit Flügeln platziert. In einem äußeren Kreis steht eine Legende: IN GLADIIS FLORET RVTA ITA AMOENA SVIS (Inmitten von seinen Schwertern blüht die Raute so angenehm). Es handelt sich um einen Vers (Pentameter), der zugleich als Chronogramm dient, d.h. alle lateinischen Buchstaben, die auch Zahlzeichen sind, geben das Datum der Prägung wieder. Um diese Funktion herauszustellen, sind jene Buchstaben auch leicht größer geschrieben. Allerdings gibt es ein Problem, auf das bereits der sächsische Polyhistor und Numismatiker Wilhelm Ernst Tentzel (1659-1707) aufmerksam macht: In GLADIIS ist das zweite I kleingeschrieben und deshalb nicht als Zahl zu betrachten. So ergibt sich als Datum I + L + D + I + L + V + I + M + V + I = MDLLVVIIII = 1614. Es handelt sich dabei um das Geburtsjahr des zweiten Sohnes von Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen. August wurde am 13. August 1614 geboren und am 18. September 1614 getauft. Die Taufe wurde vom sächsischen Hofe mit Ritterspielen, Jagden und einem Armbrustschießen über mehrere Tage begangen. Bei dem Schießwettbewerb waren vergoldete Silberklippen, die dasselbe Design wie diese Goldklippe haben, als Preise ausgesetzt. Diese vollgoldene Klippe im Wert von sechs Dukaten dürfte aber ein Geschenk für einen fürstlichen Teilnehmer an der Tauffeier gewesen sein.

Die grüne Raute, auf die der Hexameter anspielt, ist die sächsische Wappenpflanze, die bis heute diagonal über dem schwarz-golden gestreiften sächsischen Wappenschild liegt. Es gibt zumindest zwei verschiedene Traditionen, die zu erklären versuchen, wie dieses ungewöhnliche Wappen entstanden ist. Die politische Erklärung ist, dass Friedrich Barbarossa ihn über das gräfliche Wappen gelegt habe, als er 1181 den Askaniergrafen Bernhard (1140-1212) zum Herzog  von Sachsen erhob. Viel schöner und anrührender ist die Geschichte, dass Herzog Bernhard eine Pilgerfahrt nach Italien unternommen und sich dabei in eine schöne Italienerin verliebt habe. Als die beiden sich trennen mussten, habe die Schöne einen Rautenkranz, den sie trug, auseinandergerissen, die eine Hälfte behalten, die andere aber über den Schild des Geliebten gelegt. Auf unserer Klippe umflort die sächsische Raute zwei gekreuzte Schwerter, die das Erkennungszeichen des Reichserbmarschalls sind; auf sie spielt auch der Pentameter an, wenn er sagt, dass auf diesen Schwertern die Blüte Sachsens beruhe. Zwischen den Spitzen der Schwerter ist der sächsische Kurhut platziert.

Als August im September 1614 getauft wurde, konnte noch niemand ahnen, dass er der Begründer einer sächsischen Nebenlinie (Sekundogenitur) werden würde. 1652 hat Herzog Johann Georg I. in seinem Testament seinen drei jüngeren Söhnen eigene Herrschaften, sogenannte Sekundogenituren, zugestanden und seinem zweitältesten Sohn August, der bereits Administrator (Verwalter) des Erzstiftes Magdeburg war, die Herrschaft Sachsen-Weißenfels vermacht. In Weißenfels ließ sich August eine neue Residenz, Schloss Neu-Augustusburg, errichten. In ihm sind heute ein Schuhmachermuseum und eine historisches Museum über die Dynastie Sachsen-Weißenfels untergebracht. Allerdings fiel diese Herrschaft 1746 wieder an Kursachsen zurück, als die Weißenfelser im Mannesstamm ausstarben.