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Blutgeld

14. September 2015 15:34


Blodsklippingar, Blutklippen, so nennt man in der schwedischen Numismatik Münzen, die von einem der düstersten Kapitel der schwedischen Geschichte erzählen: von einem Bruderstreit und einem Aufstand, von großer Liebe und mutigen Frauen, von Wahnsinn, Leidenschaft und Machtstreben, eben davon, worum es in der Numismatik meistens geht.

 

Mit 1.500 Euro ist diese Blutklippe geschätzt, die aus Silber geprägt wurde, mit dem
sich König Erik XIV. von seinem Mord an Svante Sture freikaufen wollte. 

 

Beginnen wir mit dem Misstrauen, dass der labile und kinderlose König von Schweden, Erik XIV., gegen Nils Sture entwickelte. Die Sture waren eine der einflussreichsten Familien des Landes. Sie hatten immer wieder Reichsverweser gestellt. Nils selbst war an die Königshöfe Europas gereist, um die Interessen Schwedens zu vertreten. Und nun ließ der König diesen weltgewandten Diplomaten foltern und zum Tode verurteilen, nur weil ihm ein Astrologe gesagt hatte, ihn werde ein blonder Mann beerben.

 



Erik XIV. von Schweden. Von Domenicus Verwilt. Quelle: Wikicommons.

 

Irgendwann begriff Erik, dass er sich mit seinem Handeln den gesamten Adel zum Feind machte. Er begnadigte Nils, sofern man das eine Begnadigung nennen kann. Der musste nämlich auf einem elenden Schandgaul durch die Straßen von Stockholm reiten, auf dem Kopf einen Kranz aus Stroh. Danach sollte er Schweden verlassen, und das möglichst schnell. Seine Freunde versammelten sich im nahe gelegenen Schloss der Sture, um in einer Abschiedsfeier ihre Solidarität zu bekunden. Freundlich werden sie dort sicher nicht über Erik geredet haben, ob sie aber einen Aufstand planten?

 

Schloss Svartsjö. Darstellung in den "Suecia antiqua et hodierna", 1716. Quelle: Wikicommons.

 

Der König jedenfalls ließ einen der Pagen foltern. Und der gestand, was man von ihm erwartete. Alle, die beim Abschied des Nils Sture anwesend gewesen waren, erhielten eine königliche Einladung auf Schloss Svartsjö. Wer so dumm war zu kommen, wurde verhaftet und wegen Teilnahme an einer Verschwörung verurteilt.

 

Svante Sture. Quelle: Wikicommons

 

Danach brachte man die Männer nach Uppsala und kerkerte sie ein. Bei Erik war die Geisteskrankheit inzwischen voll ausgebrochen. Sie brachte ihn dazu, den Kerker zweimal aufzusuchen, erst um auf Knien Svante Stures Vergebung zu erflehen, ein paar Stunden später um dem gleichen Svante Sture ein Messer in die Brust zu stechen. Nach dem Mord soll der König seinen Wachen befohlen haben, auch die anderen umzubringen, und zwar alle außer „Herr Sten“. Nun hießen zwei Gefangene mit Vornamen Sten. Sie überlebten; die anderen starben.

 

Erik XIV. und Karin Mansdotter. Von Erik Johan Löfgren, 1864. Quelle: Wikicommons.

 

Man fand den König einige Tage später, verwirrt durch den Wald streifen. Man brachte ihn nach Stockholm, wo niemand außer seiner Geliebten Karin Mansdotter es wagte, sich ihm zu nähern. Erst Katharina Stenbock, die mit praktisch allen Opfern verwandt gewesen war, verlangte offiziell eine Audienz. Sie wurde gewährt, und der König fiel vor ihr auf die Knie, flehte um Vergebung und befahl seinem Anwalt, eine Einigung auszuhandeln. Die Witwen und Waisen der Ermordeten erhielten nicht nur die schriftliche Bestätigung des Königs, dass ihre Männer und Väter unschuldig gewesen waren, sie erhielten auch eine reichliche finanzielle Kompensation. 


Märta Leijonhufvud, die Witwe von Svantje Sture stiftete ihren Anteil am Blutgeld für den Aufstand der Adligen, der bald angeführt von Eriks Brüdern Johann und Karl losbrach. Das königliche Sühnegeld wurde zu Münzen, mit denen die Soldaten gezahlt wurden, die Erik von seinem Thron vertrieben. Um Zeit zu sparen, stellten die Aufständischen keine runden Münzen her, sondern behalfen sich mit grob zurechtgeschnittenen, viereckigen Plättchen, mit Klippen, die im Wert 1/2, 1, 2, 4 und 8 Mark ausgegeben wurden. Blutklippen – Blodsklippingar wurden die Stücke von den Zeitgenossen genannt.


Mickel Hansson schuf in der mit dem Heer ziehenden Münzstätte von Vadstena diese Prägung, die auf der Vorderseite eine gekrönte Garbe zeigt, das heraldische Symbol der Königsfamilie der Wasa. Darum sind die Initialen der Anführer der Aufständischen – I für Johann und C für Karl – durch eine Schleife verbunden. Die Rückseite ziert das schwedische Wappen mit den drei Kronen.


Eine dieser Münzen wird mit einer Schätzung von 1.500 Euro in der kommenden Spezialsammlung Schweden bei Künker in Auktion 266 am 28. September 2015 angeboten. Sie zeigt wieder einmal, dass nicht unbedingt die Münzen mit den höchsten Schätzungen die aufregendsten Geschichten erzählen können.
 

Die Klippe zu 4 Mark aus dem Jahr 1568 wird am 28. September 2015 in der Künker Auktion 266 versteigert.