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Osmanische Herrschaft, 1398-1878.

1878: Entstehung des bulgarischen Reiches
BULGARIEN

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Lot number 2067




Estimated price: 200.00 €
Hammer-price / sale price: 675.00 €


Osmanische Herrschaft, 1398-1878.
Zwei unsignierte, satirische Bronzeklippen auf die Entwicklungen in Bulgarien im Jahre 1878. Die Vorderseite des einen Exemplares zeigt einen Briten, einen Deutschen und einen Franzosen, die sich die Hand reichen, im Hintergrund stehen drei Türken hinter Zäunen und drei Personen auf einem Schiff. Die Vorderseite des anderen Stückes zeigt den türkischen Sultan, der auf einem Tuch mit der Aufschrift BULGARIEN springt, das von dem Deutschen, dem Briten, dem Franzosen und einem Russen gespannt wird, unter dem Tuch befinden sich aufgestellte Waffen. Die Rückseiten der Klippen sind identisch und weisen folgende Schrift auf, die aus einem deutschen Volkslied stammt: E' BISSELE LIEB / UND / E' BISSELE / TREU / UND E' BISSELE / FALSCHHEIT / ISCH / ALLEWEIL DABEI. Jeweils ca. 31 x 31 mm; 14,61 und 14,54 g. Vgl. Slg. Hüseyin A. Dogan, Auktion Gorny & Mosch 172, München 2008, Nr. 6611.


Von großer Seltenheit. 2 Stück., Vorzüglich

Exemplare der Auktion Gorny & Mosch 209, München 2012, Nr. 3899; 3900.

Die Vorderseitendarstellungen der Klippen nehmen Bezug auf das bulgarische Schicksal in den 1870er Jahren: Nach ersten Aufständen bulgarischer Freiheitskämpfer gegen die seit 1398 bestehende osmanische Herrschaft, z. B. dem Aprilaufstand 1876, machte sich Rußland vordergründig zum Vertreter der bulgarischen Sache. Das Zarenreich erklärte den Türken den Krieg, da sich diese weigerten, die bei der Konferenz von Konstantinopel 1876/1877 beschlossene größere Autonomie Bulgariens zu akzeptieren. Der nun ausbrechende Rußisch-Türkische Krieg 1877/1878, der den Osmanen mehrere Niederlagen einbrachte, endete mit dem Frieden von San Stefano am 3. März 1878 und bedeutete für die Türken den Gebietsverlust all ihrer Besitzungen auf europäischem Boden bis auf Konstantinopel. Außerdem sollte das bereits in der Konferenz von Konstantinopel angedachte großbulgarische Reich unter rußischer Oberhoheit geschaffen werden. Dieser Machtzuwachs für das Zarenreich wurde von den europäischen Großmächten, die um ihren Einfluß fürchteten, kritisch gesehen. Um eine weitere kriegerische Auseinandersetzung zu verhindern, wurde der Berliner Kongreß am 6. Juni 1878 einberufen. Bei dieser Versammlung wurden die Beschlüße des Friedens von San Stefano fast vollständig revidiert. Davon war besonders Bulgarien betroffen, das nun als wesentlich kleineres Fürstentum unter osmanischer Oberhoheit eingerichtet wurde. Auf diesen Umstand beziehen sich die vorliegenden satirischen Klippen: Erscheinen die Türken auf dem einen Stück noch als ausgeschlossene Beobachter der Verhandlungen zwischen Briten, Deutschen und Franzosen, die hier ironisch als "Wohlthäter Bulgariens" bezeichnet werden, so gehen sie am Ende des besonders anschaulich dargestellten Tauziehens um Bulgarien (Russe, Deutscher, Brite und Franzose ziehen an den Enden des Tuches) doch als überlegen hervor und behalten weiter die Oberhoheit über das neu geschaffene Fürstentum. Ebenso wird allerdings angedeutet, daß Bulgarien auch zukünftig umkämpft bleiben wird und daß die türkische Herrschaft über dieses Gebiet nicht auf einem wahren Sieg des Osmanischen Reiches, sondern auf einer diplomatischen Lösung zur Wahrung des Mächtegleichgewichts innerhalb Europas beruht (Waffen unter dem Tuch).