Teaserbild
Trennline

Lot. Kleine Sammlung von zwei Bronze- und zwei Blei-Zinn-Medaillen, davon eine einseitig, sowie vier Gipsabgüssen einer Medaille der Stadt Kiel. Auf der Vorderseite ist der "Geistkämpfer", eine Bronzeskulptur des Künstlers Er

GERMAN COINS AND MEDALS
KIEL, STADT

Back to the list

Lot number 1229






Estimated price: 125.00 €
Minimum bid 125.00 €


Lot. Kleine Sammlung von zwei Bronze- und zwei Blei-Zinn-Medaillen, davon eine einseitig, sowie vier Gipsabgüssen einer Medaille der Stadt Kiel. Auf der Vorderseite ist der "Geistkämpfer", eine Bronzeskulptur des Künstlers Ernst Barlach, *1870, Ó1938, abgebildet, die in Kiel vor der Nikolaikirche aufgestellt ist: Ein Engel mit einem Schwert, der v. v. auf einem nach r. stehenden wilden Tier steht, oben die geteilte Jahreszahl 1953 in römischen Ziffern. Die Legende lautet: SALVS PVBLICA - SVPREMA LEX, "Das Gemeinwohl ist das höchste Gesetz". Auf der Rückseite ist das Stadtwappen zu sehen, um das drei Fische schwimmen.


8 Stück., Vorzüglich

Der norddeutsche Bildhauer und Künstler Ernst Barlach hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts besonders durch seine expressionistischen Plastiken Bekanntheit erlangt. Er wurde 1924 vom damaligen Oberbaurat Kiels, Willy Hahn, beauftragt, eine Großplastik für die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt zu schaffen. Nur unter Zusicherung völliger künstlerischer Freiheit stimmte Barlach schließlich 1927 zu. Im Dezember 1928 wurde die Skulptur in aller Heimlichkeit und ohne Anwesenheit des Künstlers eingweiht.

Barlach wollte mit dem Geistkämpfer, wie die Kieler Zeitung die bisher namenlose Skulptur betitelte, "den inneren Vorgang der (Selbst-)Überwindung" darstellen. In diesem Sinne kann der Sockel der Statue als materielles Sein verstanden werden, das wilde Tier als lebendiger, tierisch-triebhafter Aspekt des Lebens und der Engel als höheres, seelisch-geistiges Sein, das die oberste bewusste Entscheidungsinstanz, versinnbildlicht durch das Schwert, in sich trägt. (Deutung nach Klaus Hupp, Der Kieler „Geistkämpfer“ von Ernst Barlach. Darstellung, Deutung und Geschichte, Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 73, 1989, S.173-248)

In der Zeit des Nationalsozialismus fand die Skulptur als "entartete Kunst" wenig Anklang. Im April 1937 wurde sie aus dem öffentlichen Raum entfernt und zunächst im Thaulow-Museum aufgestellt. 1939 erfolgte die offizielle Beschlagnahmung und ein (vermeintlicher) Verkauf ins Ausland. Über Umwege gelangte der Geistkämpfer in den Wirren des Zweiten Weltkriegs an Hugo Körtzinger, einen Freund Barlachs, der in Schnega in der Lüneburger Heide lebte.

1946 wurde die Rettung der Statue in Kiel bekannt. Die Stadt meldete ihre Besitzansprüche an, allerdings behaupteten u. a. auch Hugo Körtzinger und der Sohn Barlachs, die rechtmäßigen Eigentümer zu sein. Erst sieben Jahre später konnten die Kieler Behörden die Skulptur zurückkaufen, die 1954 vor der Nikolaikirche aufgestellt wurde.

Anläßlich des Rückkaufs der Statue hat die Stadt 1953 die Herstellung einer Gedenkmedaille mit dem Abbild des Geistkämpfers beim Kieler Hofjuwelier Hansen in Auftrag gegeben. Als Folge der Streitigkeiten um die Besitzansprüche untersagten die Nachfahren Barlachs allerdings die Verwendung des Statuenmotivs für die Medaille. Bei den hier vorliegenden Stücken handelt es sich somit um Probegüsse einer nie fertig gestellten Medaille, die die Stadtgeschichte Kiels auf außergewöhnliche Art und Weise beleuchtet.