Teaserbild
Trennline

Das Vorwort zu der Sammlung Werner Bröker (1923-2016)

19. May 2017 23:00


Etymologisch gesehen sind das Lesen, das Auflesen und das Sammeln gleiche Phänomene, um die Ordnung der Welt zu begreifen. Werner Bröker hat in diesem Sinne seine Sammelleidenschaft für Briefmarken, Dokumente der Westfälischen Postgeschichte und Münzen immer als Möglichkeit gesehen, die Welt – und sich selber in dieser Welt – besser zu verstehen, sich zugänglich zu machen und im materiellen wie gedanklichen Sinne sich anzueignen und damit sinnstiftend auch seine eigene Identität zu bestimmen.

Der Schwerpunkt seiner Sammlungen drehte sich um die Regionalgeschichte Münsters, der Stadt, in der Werner Bröker aufwuchs und die – bis auf die eine siebenjährige, russische Kriegsgefangenschaft – immer sein Lebensmittelpunkt war. Geboren 1923 musste er aus wirtschaftlichen Gründen schon als 14jähriger die Schule verlassen und wurde Lehrling bei der Westfälschen Provinzial Versicherung, für die er 51 Jahre arbeiten sollte, zuletzt als Direktor für das Lebensversicherungsgeschäft. 

Hätte er biografisch die Chance gehabt zu studieren, er hätte das Fach Geschichte gewählt. Da die wissenschaftlich-universitäre Welt ihm verwehrt blieb, näherte er sich der Regionalgeschichte Westfalens auf dem Weg des Sammlers, der systematisch, akribisch, nachhaltig und mit überschaubarem finanziellen Aufwand Stück um Stück seine Sammlungen aktiv bis zu seinem Lebensende im November 2016 ergänzte und betreute. Er suchte und fand den fachkundigen Dialog, beteiligte sich erfolgreich an Ausstellungen zur Briefmarken- und Postgeschichte und tauschte sich gerne mit Sammlerfreunden und Geschichts-Interessierten aus.

Seine Frau und seine fünf Kinder kannten seine Sammlerfreuden, hatten jedoch nie den Eindruck, dass familiäre Belange darunter litten. Werner Bröker wusste (und bedauerte), dass seine Kinder, denen er die Ausbildung und das Studium ermöglichte, das ihren Neigungen entsprach, seine Sammlungen nicht fortsetzen würden. Seine Maxime hat er immer wieder zu vermitteln gesucht: „Der Wert des gesammelten Objektes beschränkt sich nicht auf seinen materiellen Wert. Der immaterielle Wert, die Freude, sich als Teilhaber von Geschichte begreifen zu können, die sich z.B. in einer Münze manifestiert, die man gerade in der Hand hält – dieser Wert ist ein Glück, das sich nicht in Auktionspreisen ausdrückt. Wer dieses Glück nicht empfindet, versteht die Lust des Sammelns nicht; das Objekt ist dann nur eine Münze mit nur einer (und zwar der uninteressanten) Seite.“ 

Da Werner Bröker dem Auktionshaus Künker seit seiner Gründung in den siebziger Jahren als hoch zufriedener Kunde verbunden war, lag es nahe, seine Münzsammlung auf diesem Weg anderen Sammlern wieder zugänglich zu machen. 

April 2017
Reinhard Bröker