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Dr. Albrecht Ulrich - Porträt eines Münzsammlers

17. февраль 2022


Albrecht Ludwig Ullrich wurde am 3. Dezember 1930 als ältester Sohn von Gustav und Johanna Ullrich in Bamberg geboren. Die Familie lebte im kleinen Dorf Sand am Main in eher bescheidenen Verhältnissen insbesondere von dem dort traditionell betriebenen Flechten von Weidenkörben, wobei die Kinder selbstverständlich bereits mithelfen mussten. Dennoch besuchte Albrecht als einer der Wenigen seines Jahrgangs die Oberschule in Bamberg. Am Ende des Krieges als Flakhelfer eingesetzt, blieb ihm glücklicherweise erspart, wie so manch anderer noch in den letzten Tagen des Krieges im letzten Aufgebot des sogenannten „Volkssturmes“ gegen die anrückenden amerikanischen Panzer „verheizt“ zu werden.

Ganz aus eigener Kraft gelang es dem aus einfachsten Verhältnissen stammenden Jungen mit außergewöhnlicher Intelligenz, großem Fleiß und eiserner Disziplin, das Abitur und das Studium der Chemie in Bamberg, Würzburg und Innsbruck mit hervorragenden Noten zu absolvieren, seinerzeit eine sicher außergewöhnliche Leistung.

Es folgte 1959 die Promotion zum Dr. phil. an der Karl-Franzens-Universität in Graz mit der Note ausgezeichnet, was ihm ein Stipendium zur Fortsetzung der chemisch-medizinischen Forschungsarbeit am international renommierten Institut Pasteur in Paris bescherte. Ohne ein Wort Französisch zu sprechen fuhr er mit seinem Vespa-Roller in die französische Hauptstadt, lebte sich dort schnell ein und hätte beinahe sogar eine Französin geheiratet.

Zeit seines Lebens fühlte sich Albrecht Ullrich mit Frankreich und der französischen Sprache verbunden, was später auch in seinen numismatischen Aktivitäten und Schwerpunkten zum Ausdruck kam.

Zurück in Deutschland fand er in München bei der Firma „Isar-Chemie“ Arbeit und auch die junge, attraktive Fremdsprachenkorrespondentin Gertraud Herrmann, die er 1965 heiratete. Das junge Paar zog zunächst nach Brüssel, wo Dr. Ullrich bei der Chemiefirma Kleber arbeitete. Als er ein Angebot vom Deutschen Patentamt bekam, zogen Gertraud und Albrecht Ullrich wieder zurück nach München, wo 1967 der Sohn Christoph und 1968 der Sohn Mathias geboren wurden.

Im Jahr 1971 zog die junge Familie in das neu gebaute Haus im Münchener Vorort Vaterstetten.

Seine beachtliche berufliche Karriere führte Dr. Ullrich schließlich 1979 an das in München neu geschaffene Europäische Patentamt, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993 als Patent-Prüfer arbeitete.

Die spartanische Härte, mit der Albrecht Ullrich aufgewachsen war, prägte das Familienleben und führte auch durchaus zu Konflikten. Obwohl sich hinter der rauhen Schale ein weicher Kern verbarg, fiel es dem Familienvater nicht immer leicht, seinen Angehörigen Anerkennung zukommen zu lassen und ihnen seinen Stolz über ihre Leistungen zu zeigen. Seine Frau hat dennoch immer zu ihm gehalten und die Familie zusammengehalten. Nach längerer Krankheit verstarb er am 4. April 2013 zuhause im Familienkreis.

Während Kindheit, Jugend und Studium musste er mit dem Notwendigsten auskommen und entwickelte eine ausgeprägte, zum Teil extreme Sparsamkeit und Disziplin. Diese sollte er auch beibehalten, als er sich mehr hätte leisten können.

Der einzige “Luxus”, den er sich zeitlebens gönnte, waren die zahlreichen von kulturellen und historischen Themen geprägten Reisen, die das Fundament für seine spätere Passion, die Numismatik bildeten.

Sein breites Interesse an Geschichte - mit Schwerpunkt Antike – gepaart mit einer guten Portion Abenteuerlust, führten ihn auf den Spuren alter Kulturen bereits in den frühen 60er Jahren mit  Vespa-Roller und VW-Käfer von Casablanca bis Constantinopel, sodann mit  Familie und Zelt quer durch Europa und Kleinasien, später auch von den Pyramiden Yucatáns bis zu den Katarakten des Nils und den Ruinen Babylons.

Aufgrund seines ausgeprägten Dranges zum Sammeln und Horten gepaart mit seiner geringen Körpergröße von seinen Söhnen augenzwinkernd mit dem Spitznamen “Alberich” nach dem argwöhnischen Hüter des Nibelungenhortes benannt, hat Dr. Albrecht Ullrich es zum Glück verstanden, bei seiner bedeutenden Münzsammlung seine sonst so außerordentliche Sparsamkeit zu überwinden und einen wahren Hort zu hinterlassen.

Seine ausgezeichnete Münzsammlung hatte als Schwerpunkte die gotischen Münzen der nördlichen und südlichen Niederlande (insbesondere der dortigen Münzherren aus dem Hause Wittelsbach) sowie die Goldmünzen des letzten Jahrhunderts des römischen Kaiserreichs.

Der Unterzeichnende ist dankbar, dass er ein respektvolles freundschaftliches Verhältnis zu dem Naturwissenschaftler und Numismatiker Dr. Albrecht Ullrich pflegen durfte. Möge dieser Katalog die Erinnerung an diesen außergewöhnlichen frankophilen Menschen mit seiner großen Begeisterung für die Numismatik - und auch mit seinen Ecken und Kanten - wachhalten.

Osnabrück, im Dezember 2021

 

Dr. Andreas Kaiser