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Probe zu 5 DM „Germanisches Museum“

21. май 2015 08:00


In Auktion 292 findet sich unter Losnummer 8133 ein Stempel zur Probeprägung für die Rückseite der ersten deutschen Gedenkmünze „Germanisches Museum“. Wir recherchierten anlässlich der Auktion 264 am 25. Juni 2015 die Geschichte dieser Probeprägung, von der wir ein Exemplar anbieten konnten.

 

 

Im August 1952 feierte das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg sein 100-jähriges Bestehen. Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss, gleichzeitig Vorsitzender des Verwaltungsrats der Trägerstiftung des Nationalmuseums, hielt dies für eine ausgezeichnete Gelegenheit, dem In- und Ausland zu zeigen, dass Deutschland sich gewandelt habe. Dort wo im 3. Reich die Reichsparteitage der Nationalsozialisten stattfanden, feierte er die deutsche Kultur und forderte in seiner programmatischen Eröffnungsrede der Feierlichkeiten, dass die Stadt Nürnberg vom Ruf der Vergangenheit befreit und ihr geistiges und künstlerisches Leben neu zur Darstellung gebracht werden solle.

Natürlich überlegte man behördlicherseits, womit man dieses Großereignis zusätzlich flankieren könnte. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hatte – ziemlich spät – in einem Schreiben vom 3. Juli 1952 darauf hingewiesen, „daß der Bund nach bewährten Vorgängen in den Kulturstaaten der Welt aus Anlaß dieses Jubiläums eine Gedächtnismünze herausgeben soll. Es wäre nicht nötig, daß die Münze schon zum Jubiläumstage erscheint, sie würde auch dann ihre Beachtung finden, wenn sie erst zum Herbst 1952 herausgegeben würde.“

Das Finanzministerium unterstützte den Vorschlag. Schließlich erhoffte man sich einen erheblichen Münzgewinn. Außerdem mag Finanzminister Dr. Fritz Schäffer, ein Mitglied der bayerischen CSU, eine Möglichkeit gesehen haben, ein Anliegen seiner Parteifreunde zu fördern. So erging folgendes Schreiben: „Aus diesen Gründen wird dem Antrag des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus stattgegeben. Der Gesamtnennwert, der zweckentsprechend auszuprägen sein wird, kann nach vorliegenden Erfahrungen mit 1 Mio. DM angenommen werden = 200.000 Stück Münzen zu 5 DM. Die Münzen erhalten Kurswert. Die Gestaltung der Münze wird von der Bundesregierung bestimmt.

Mit Zustimmung des Zentralrats der BdL (Bank deutscher Länder, Anm. d. Verf.) können 400 Mio. DM in Münzen zu 5 DM ausgeprägt werden; davon prägt das Bayerische Hauptmünzamt 104 Mio. DM. Diese Summe wird um 1 Mio. DM für die Umlaufmünzen gekürzt und in gleicher Höhe durch Erteilung eines Prägeauftrags über die Gedenkmünze ausgeglichen. Dadurch wir die Beteiligung des Zentralbankrats der BdL unnötig, weil sich das Gesamtkontingent nicht erhöht. Die erforderlichen Metalle (rd. 2300 kg Silber und Kupfer) sind vorhanden.

Aus Anlaß der Prägung der Gedenkmünze kann kein öffentlicher Wettbewerb für Künstler, sondern nur ein beschränkter durchgeführt werden. Die 4 namhaft gemachten Künstler sind sämtlich Preisträger im letzten öffentlichen Wettbewerb. Das ausgesetzte Honorar von insgesamt 3.000 DM ist niedrig gehalten.“

Anfang August lag dieser Entscheid des Finanzministeriums vor, so dass die Künstler zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen werden konnten. Der Termin für die erste Sitzung der Jury musste mehrfach verschoben werden, da nicht alle Entwürfe vorlagen. Trotzdem wurde bereits am 9. Oktober 1952 der Entwurf des Münchner Medailleurs Karl Roth wegen der „Prägnanz des Symbolischen und [der] Ausgewogenheit und Klarheit im Formalen“ gewählt. Die Jury war hochkarätig. Sie setzte sich zusammen aus dem Direktor des Germanischen Nationalmuseums, dem Leiter der Staatlichen Münzsammlung und dem Leiter des Hauptmünzamtes. Sie waren lediglich mit der Adlerseite nicht zufrieden. Diese musste der Künstler noch einmal neu gestalten. Karl Roth tat dies und sein neuer Vorschlag wurde einstimmig akzeptiert.

Dummerweise erhielt Theodor Heuss alle Entwürfe zur Zustimmung vorgelegt. Noch dümmer, dass der Bundespräsident sich als großen Förderer des industriellen Designs zelebrierte. Er entschied, dass man bei der ersten Variante den Zahlenwert besser erkenne als bei der zweiten und verwarf die Entscheidung der Jury. Natürlich folgte das Kabinett in seiner Sitzung am 16. Dezember 1952 dem Vorschlag des Herrn Bundespräsidenten und überging damit nonchalant Fachwissen und Entscheidung der eingesetzten Wettbewerbsjury. Die protestierte natürlich, doch die Presse war informiert, hatte auch schon das notwendige Bildmaterial erhalten, so dass weitere Einwände zwecklos blieben.

Auch der Künstler selbst versuchte, zu Gunsten des überarbeiteten Entwurfs zu intervenieren. Karl Roth bat um die Genehmigung, zwei Exemplare mit der von ihm bevorzugten „richtigen“ Rückseite prägen zu dürfen. Das Finanzministerium verbot dies ausdrücklich am 3. August 1953 mit dem Hinweis, es dürfe keine unautorisierten Varianten geben.

Dieses Schreiben veranlasste bisher die Wissenschaft, nicht an eine Probeprägung des verworfenen Entwurfs zu glauben, obwohl sich, wie Gerd Dethlefs in seinem grundlegenden Aufsatz über „Die frühen Gedenkmünzemissionen der Bundesrepublik 1952 bis 1966“ feststellt, die Witwe des Künstlers an die Durchführung dieser Probeprägung erinnerte. Mit dem bei Künker vorliegenden Exemplar haben wir den Beweis in Händen, dass der Künstler gegen die ausdrückliche Anordnung des Finanzministeriums eine Probeprägung durchführte und dass die mündliche Überlieferung in Einzelfällen durchaus glaubwürdiger sein kann als Archivalien.

Die Rückseite der nicht ausgeführten Probe, die bisher lediglich in einem Gipsmodell vorlag, unterscheidet sich deutlich von der eigentlichen Prägung. Sie zeigt Bundesadler und Inschrift gleichwertig, während auf dem ausgeführten Stück die Inschrift graphisch etwas unausgewogen den Adler zur Randfigur macht. Da nun die Alternative für die erste deutsche Gedenkmünze vorliegt, kann sich jeder selbst eine Meinung über den Geschmack von Bundespräsident Theodor Heuss machen.

Die Bundesbürger des Jahres 1953 jedenfalls waren von der Gedenkmünze alles andere als begeistert. Als sie am 11. September an den Bankschaltern zur Ausgabe bereit lag, wollte sie niemand haben. 1953 waren 5 DM viel Geld. So viel gab man durchschnittlich für die monatliche Miete aus. Eine vierköpfige Familie verfügte zu Beginn der Wirtschaftswunderzeit über ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 343 DM, von dem 20 DM zur freien Verfügung standen. Kein Wunder, dass viele Exemplare des „Germanischen Museums“ letztendlich doch in den Umlauf gelangten.

Heute ist die Situation anders. Das „Germanische Museum“ ist von allen Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland die teuerste. Sie wird selten in perfekter Erhaltung angeboten. Wenn dies tatsächlich einmal geschieht, erreicht sie leicht Preise weit über 1.000 Euro.
 



Die Probe zur ersten Gedenkmünze der BRD „Germanisches Museum“.
Aus Auktion Künker 264 (25. Juni 2015).
Schätzung: 15.000 Euro.

 



Die ausgeprägte Gedenkmünze „Germanisches Museum“.
Aus Auktion Künker 264 (25. Juni 2015).
Schätzung: 1.000 Euro.