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Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich, 1647-1656. Goldmedaille o. J. (1647), v. Loon II, S. 301, 3; Domanig 182; Habich II, 2, 3620; Prokisch 129.1.

EUROPÄISCHE MÜNZEN UND MEDAILLEN
BELGIEN, SPANISCHE NIEDERLANDE

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Losnummer 7016




Schätzpreis: 10.000,00 €
Zuschlag: 29.000,00 €


Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich, 1647-1656.
Goldmedaille o. J. (1647), unsigniert, vermutlich auf seine Ernennung zum Statthalter der Spanischen Niederlande. LEOPOLDVS GVILIELMVS D Ù G Ù ARCHIDVX AVSTRIÆ Geharnischtes Brustbild r. mit umgelegtem Mantel und Kette mit dem Kreuz des Deutschen Ordens//Kreuz belegt mit zwei Lorbeerzweigen, am linken Arm ein Zaumzeug, am rechten ein geöffnetes Auge, oben ein Banner mit TIMORE DOMINI, unten vor dem Kreuz steht ein Lamm nach r. dahinter springt ein Löwe l. 42,53 mm; 40,66 g.
v. Loon II, S. 301, 3; Domanig 182; Habich II, 2, 3620; Prokisch 129.1.

GOLD. Von allergrößter Seltenheit. Wohl einziges Exemplar im Handel. Kl. Bearbeitungsspur im Feld der Rückseite sowie am Rand, dennoch attraktives Ex. mit hübscher Patina, fast vorzüglich

Diese hochinteressante Goldmedaille wirft aufgrund der fehlenden Jahreszahl und der nicht vorhandenen Medailleurssignatur einige Fragen bezüglich des Kontextes ihrer Entstehung auf. Eine nähere Einordnung kann durch den Vergleich mit ähnlichen, in der Literatur beschriebenen Stücken geschehen, welche ebenso wie die vorliegende Medaille meist nur in der Literatur beschrieben, aber nicht am Markt zu finden sind. Aufgeführt sind diese Vergleichsstücke bei v. Loon II, S. 301, Pinchart, RBN 1858, S. 38 / Tafel IV, Nr. 6 und Habich II, 2, 3631, Abb. 585. Einen Überblick bietet auch Prokisch, S. 70-74. Diese Medaillen tragen dieselbe Vorderseiteninschrift und eine variierende Rückseitengestaltung. Sie unterscheiden sich von der vorliegenden in der Zeichnung des Brustbildes auf der Vorderseite und in der Anordnung des Wahlspruchs TIMORE DOMINI ("In Gottesfurcht"). Eines der bei v. Loon abgebildeten Stücke ist mit der Signatur des flämischen Medailleurs Adrien Waterloos, *1600 Brüssel, Ó1684 ebd. versehen. Pinchart beschreibt a. a. O. ein Exemplar mit der Signatur des ebenfalls flämischen Stempelschneiders Jéròme DuQuesnoy, *1602 Brüssel, Ó1654 Gent. Das bei Habich II, 2, 3631 aufgeführte Exemplar wird gemäß der Signatur P Z dem Münchner Stempelschneider Paul Zeggin, *1602 München, Ó1666 ebd. zugewiesen. Zeggin arbeitete eng mit Alessandro Abondio, *um 1570, Ó1648 München, wohl ein Sohn des berühmten Antonio Abondio, zusammen. Beide standen in den Diensten des Erzhauses Österreich, für dessen Mitglieder sie einige Porträts schufen. 

Die vorliegende, unsignierte Variante wird bei Habich II, 2, S. 526 eben diesem Alessandro Abondio zugeschrieben, dessen Medaillen "durchweg unsigniert" seien. Da "die Zuweisung lediglich auf Kombination" beruht und der Stil der Medaille ebd. S. 535 als Weiterentwicklung Alessandro Abondios, nicht als sein eigenes Werk, interpretiert wird, bleibt letztendlich offen, wer als Schöpfer dieses Kunstwerkes gelten kann. Durch die Vielzahl der Varianten, die sowohl von flämischen Künstlern in den Spanischen Niederlanden, als auch von erzherzoglich-österreichischen Medailleuren geschaffen wurden, wird deutlich, daß der Herstellungsanlaß vermutlich ein besonderes Ereignis war. Leopold Wilhelms Ernennung zum Statthalter der Spanischen Niederlande, die 1647 nach der Zustimmung des zunächst zögernden Königs Felipe IV. durchgeführt wurde, bietet sich an. Ebenso hat vermutlich v. Loon die Sachlage interpretiert, da er die Medaille unter dem Jahr 1647 aufführt.

Erzherzog Leopold Wilhelm, *1614 Wiener Neustadt, Ó1662 Wien, war der jüngste Sohn von Kaiser Ferdinand II. Für ihn war eine kirchliche und eine militärische Laufbahn vorgesehen. In den Jahren von 1639-1643 und 1645-1646 führte er im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) als Feldherr das kaiserliche Heer an. Er musste allerdings mit seinem General Matthias Gallas einige bittere Niederlagen einstecken, was ihnen den Spottnamen "Heerverderber" bescherte. Seine Reputation als Feldherr wurde dann durch sein erfolgreiches Vorgehen gegen die gen Wien strebenden Schweden, die er 1645 in der Brigittenau aufhielt, aufgewertet. 1647 wird Leopold Wilhelm schließlich zum Statthalter der Spanischen Niederlande ernannt. Dadurch sollte die Verbindung zwischen den spanischen- und den österreichischen Habsburgern gestärkt werden, da sich besonders Spanien in Folge des Dreißigjährigen- und des Französisch-Spanischen Krieges (1635-1659) in Bedrängnis sah. Leopold Wilhelm zog für Spanien in den Krieg und schlug sich zunächst erfolgreich. In der Schlacht bei Lens im August 1648 verlor er allerdings sein Heer an Frankreichs General Louis II. de Bourbon, prince de Condé. In den Folgejahren verlief der Konflikt etwas ruhiger, da Frankreich mit inneren Auseinandersetzungen beschäftigt war, bis es 1659 zum Pyrenäenfrieden kam. Bereits 1656 legte Leopold Wilhelm sein Amt als Statthalter nieder und kehrte nach Wien zurück.
Besondere Bekanntheit erlangte Leopold Wilhelm als Kunstsammler von hauptsächlich italienischen und niederländischen Meistern des 16. Jahrhunderts.