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Die Kulmbacher Fürstenhochzeit

14. September 2015 15:03


Wer Münzen auf den Begriff eines „Zahlungsmittels“ reduziert, übersieht völlig, welch wichtige Rolle sie in der frühen Neuzeit im Rahmen der Repräsentation am Hofe eines Renaissancefürsten spielten. 

 

 

Nur eine Kostbarkeit aus der größten Sammlung von Münzen und Medaillen aus Brandenburg-Franken, 
die jemals auf den Markt gekommen ist: Ein seltener Goldgulden von 1579, der eine wichtige Rolle
während der Kulmbacher Fürstenhochzeit spielte
.

 

Nehmen wir als Beispiel einen Goldgulden aus dem Jahre 1579, der eigentlich auf den ersten Blick nicht weiter aus dem Rahmen zu fallen scheint. Er zeigt auf der Vorderseite Georg Friedrich in prachtvoller Rüstung. Der war damals Markgraf von Brandenburg-Ansbach, von Brandenburg-Kulmbach und Herzog von Preußen. Umschrift und Wappen weisen darauf hin. Das Wappen zeigt den Preußischen Adler, den Pommerschen Greifen, den Löwen für das Amt des Burggrafen von Nürnberg sowie die Silber-Schwarze Zollernvierung. Der Herzschild präsentiert den Brandenburger Adler.

 

Plassenburg: Blick aus den Arkaden in den Innenhof der Burg. Foto: Wikipedia / Guido Radig. http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/

 

Doch dieser unauffällige Goldgulden hat eine Geschichte, die uns dank archivalischer Quellen in vielen Details überliefert ist. Er wurde einst als Preisgeld bei einem der prächtigsten Feste eingesetzt, das die gerade frisch im Stile der Renaissance renovierte Plassenburg beherbergte.

Georg Friedrich hatte nämlich seine erste Gattin verloren. Und das passte bestens. Gerade eben war er vom polnischen König zum Herzog von Preußen ernannt worden. Nun konnte er in ganz anderen Adelshäusern nach einer adäquaten Partie suchen. Er entschied sich für die älteste Tochter des mächtigen Herzogs von Braunschweig-Lüneburg und machte aus der Hochzeitsfeier ein Event, das seine Standeserhöhung dokumentierte und im weiten Umkreis als Gesprächsthema Nummero 1 gehandelt wurde.

Zu diesem Zweck musste Georg Friedrich so viele Menschen wie möglich aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten auf die Plassenburg locken. Er tat dies mit einem der damals so beliebten Stahlschießen. Was man darunter zu verstehen hat, teilt uns ein Lexikon des 18. Jahrhunderts mit: „Stahlschießen: in einigen Orten das feierliche Schießen mit Armbrüsten nach einem Ziele. Die Benennung kommt von dem stählernen Bogen einer Armbrust, auch von dem gestählten Bogen, womit geschossen wird.“

 

Balester oder Schnäpper aus dem 16. Jh. mit Stahlbogen und Doppelsehne (Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg), aus Meyers Konversationslexikon 1888. Quelle: Wikicommons.

 

Nun muss man dazu wissen, dass das Armbrustschießen im 16. Jahrhundert eine Art Lieblingssport der besseren Gesellschaft war. In Nürnberg zum Beispiel gab es im 16. Jahrhundert gleich drei offizielle Armbrustschützen-Gesellschaften. Das war keine rein soziale Angelegenheit. Man kann sie eher mit unseren Sportvereinen vergleichen, in denen die Mitglieder regelmäßig das Schießen mit der Armbrust übten. Die Nürnberger waren für ihr Können berühmt, kein Wunder, dass gleich 28 Teilnehmer von insgesamt 152 aus dieser Stadt kamen. Existentieller Teil solch eines Wettbewerbs war der sogenannte Pritschenmeister. Man stelle sich eine Art Zwischending zwischen Schiedsrichter und Conférencier vor. Mit einem Narrengewand gekleidet, sorgte er für gute Stimmung. Die besten Pritschenmeister waren weit über ihre Heimat hinaus bekannt, und so bat Georg Friedrich die Esslinger, unbedingt ihren Pritschenmeister mitzubringen...

 

Zwei Pritschenmeister in einer Handschrift, Worms 1575. Quelle: Wikicommons.

 

4 Taler Startgeld musste jeder Schütze zahlen. Als Preis winkten beeindruckende 100 Dukaten. Sie könnten in Goldgulden ausgezahlt worden sein, sicher allerdings spielten Goldgulden wie der unsere eine Rolle bei den kleineren Preisen. Jeder Schütze, der ins Schwarze traf, wurde mit einer seidenen Fahne ausgezeichnet, an der genauso ein Goldgulden hing. Dazu verehrte man ihm einen Teller aus Zinn mit einem Glas Wein und eine Pomeranze. Wer die Scheibe verfehlte, erhielt ebenfalls einen Preis, allerdings einen nicht ganz ernst gemeinten: eine Fahne aus Leinen, ein Glas Bier und auf einem hölzernen Teller Brot und Quark.

 

August von Sachsen, Lucas Cranach d. J., um 1572. Quelle: Wikicommons.

 

Gewinner des Wettbewerbs wurde übrigens Kurfürst August von Sachsen mit 16 Treffern. Ja, auch die hohen Herren hatten sich in diesem Wettbewerb mit den Bürgerlichen gemessen. Vielleicht hatte der Gastgeber ihnen einen kleinen Vorteil verschafft, denn der Schießstand entsprach nicht dem gewohnten. Die Scheibe war rund 20 Schritt nach vorne gerückt. Wer das vorher gewusst und entsprechend geübt hatte, konnte sich natürlich leicht einen Vorsprung sichern. Auf vier Tagen wurden insgesamt 24 Schüsse abgegeben. Damit blieb noch genug Zeit für all die anderen Festivitäten.

Große Festmähler – man hatte eigens einen neuen Pastetenherd auf der Plassenburg installiert und die Küche generalüberholt, Schaugefechte und ein gewaltiges Feuerwerk unterhielten die adligen und bürgerlichen Gäste.

 

Markgraf Georg Friedrich im Harnisch, von Lucas Cranach d. J. Quelle: Wikicommons.

 

Damit hatte Georg Friedrich seinen Zweck erreicht. Er hatte durch sein großzügiges Fest seinen neuen Stand bewiesen, vor den Untertanen und den Standesgenossen. Die Goldgulden, die viele von ihnen nach hause nahmen und zum großen Teil in die Münzsammlungen legten, ohne sie dem Zahlungsverkehr zuzuführen, zeugen bis heute von diesem Fest eines Renaissancefürsten. Nur ein einziger davon befindet sich allerdings heute noch in Privatbesitz. Dieser kann bei Künker am 29. September 2015 in Auktion 267 ersteigert werden. Die Schätzung beträgt 20.000 Euro.
 

Die Sammlung Roland Grüber wird in der Herbst-Auktion 267 am 29. und 30. September 2015 versteigert.