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Zwei Stadtansichten auf Münzen von Frankfurt am Main und ihre Vorlagen

08. September 2023


Belagerungsplan der Stadt Frankfurt nach dem Original von Conrad Faber von Creuznach aus dem Jahr 1552.

Die Stadtmauer von Frankfurt aus dem Jahr 1552

Werfen wir einen Blick auf den ersten bekannten Stadtplan von Frankfurt. Er entstand im Jahr 1552 anlässlich der erfolglosen Belagerung der kaisertreuen Stadt durch Moritz von Sachsen und zeigt uns, wie damals die Stadtbefestigung beschaffen war. Sie stammte in großen Teilen noch aus dem Mittelalter und war damit restlos veraltet. Trotzdem hatten die Frankfurter den Angriff abgewehrt, weil die Stadt über eine starke Artillerie verfügte.

Zu Beginn des 30-jährigen Krieges sah die Situation anders aus. Das Militär hatte sich professionalisiert. Einem erfahrenen Söldnerheer konnte eine Bürgerwehr nicht mehr standhalten. Dazu waren die Mauern immer noch die gleichen wie 1552. Sie konnten nun mit wenigen Schüssen moderner Kanonen zum Einsturz gebracht werden.

Dem einen oder anderen Stadtvater mag deswegen unwohl gewesen sein. Doch die Kosten für einen Neubau wagte niemand, den Bürgern zuzumuten. Ein kurpfälzischer Ingenieur schätzte in seinem Kostenvoranschlag von 1618 die Baukosten auf 149.000 Gulden.

Goldgulden 1619 auf die Wahl Ferdinands II. zum römischen König. Selten. Fast vorzüglich. Taxe: 2.000 Euro. Aus Auktion Künker 392 (2023), Nr. 2242.

Pläne zum Bau einer neuen Stadtmauer für Frankfurt

Gemeint waren damit natürlich nicht Münzen, sondern Rechnungsgulden. Es handelt sich dabei um eine reine Rechenwährung, die je nach Stand des Gold- und Silberpreises selten weniger, meistens mehr reale Goldgulden bedeutete. Der Stadtrat lehnte den ersten Kostenvoranschlag ab, doch bereits zwei Jahre später forderte er einen neuen an. 159.600 Rechnungsgulden schätzte der Ingenieur diesmal. Die Stadtväter verwarfen auch ihn in ihrer Sitzung vom 10. Mai 1621, weil der Krieg wohl bald beendet sein werde.

Da hatten sich die städtischen Politiker allerdings verschätzt. Der Krieg endete nicht, er rückte näher. Am 20. Juni 1622 wurde bei Höchst, also gut zwei Stunden Fußmarsch von Frankfurt entfernt, eine Schlacht geschlagen. Nun endlich entschied man sich, den Festungsbau in Angriff zu nehmen. Aber die hohen Kosten! Der erste Festungsbaumeister warf den Bettel hin, weil ihm der Stadtrat nicht genügend Geld zur Verfügung stellte; der zweite versuchte sich an einer Sparversion. Doch der Einsturz einer Bastion überzeugte ihn, dass er seine Fähigkeiten und den bürgerlichen Willen, ernsthafte Opfer auf sich zu nehmen, überschätzt hatte.

So kamen am 8. Januar 1628 Wilhelm Dilich und sein Sohn Johannes Wilhelm nach Frankfurt. Wie die Stadtmauer bei ihrem Amtsantritt aussah, zeigt uns ein Kupferstich des großen Matthäus Merian.

Kupferstich von Matthäus Merian, datiert ins Jahr 1628.

Es könnte durchaus sein, dass die Zeichnungen, die Wilhelm Dilich von Frankfurt anfertigte, in diesen Kupferstich eingeflossen sind. Dilich zeichnete nämlich die Stadt, um eine Grundlage für den Entwurf der neuen Befestigungswerke zu haben. Nach seinen Plänen wurden die Frankfurter Mauern in den folgenden Jahrzehnten errichtet.

Merian, der in Frankfurt lebte, wird die Pläne gekannt und genutzt haben. Schließlich war es nicht nur für Stempelschneider, sondern auch für Kupferstecher üblich, existierende Vorlagen für das eigene Werk zu nutzen.

Übrigens zitierte Merian sich in seiner Vignette oben links sozusagen selbst.

Ausschnitt aus einem Kupferstich von Matthäus Merian, datiert ins Jahr 1628.

Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1618.

Sie gibt dort nämlich stark verkleinert und wesentlich vereinfacht einen älteren Kupferstich aus dem Jahr 1618 wieder. Und jetzt achten Sie bitte besonders auf das Schiff in der Mitte des Mains.

Ausschnitt aus dem Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1618.

Frankfurt. Halber Reichstaler 1648. Stadtansicht vom Süden aus gesehen. Sehr selten. Aus Auktion Adolph Hess 253 (1983), Nr. 419. Herrliche Tönung, vorzüglich. Taxe: 5.000 Euro. Aus Sammlung Loos, Auktion Künker 392 (2023), Nr. 2289.

Die Stadtmauer des 30-jährigen Krieges

Wenn wir einen passenden Ausschnitt aus dem Kupferstich von 1618 wählen, sehen wir sofort, dass diese Darstellung den Stempelschneider des halben Reichstalers von 1648 zu seinem Münzbild inspirierte. Allerdings mit einer wesentlichen Ausnahme: Die ländliche Umgebung der Stadt mit Mühle und Gärten ist den Bastionen gewichen, die während des 30-jährigen Krieges nach Dilichs Plänen gebaut worden waren.

Am 16. Juni 1628 wurde offiziell mit dem Großprojekt begonnen. Bis zu 600 Mann waren gleichzeitig daran beschäftigt. Natürlich handelte es sich nicht nur um gelernte Festungsbauer. Davon gab es nur relativ wenige. Die Handlangerdienste übernahmen dienstverpflichtete Bürger. Sogar die Lehrer des Städtischen Gymnasiums mussten neben ihren Schulstunden mithelfen, wogegen sie übrigens heftig protestierten. Aber das half nichts. Sie zogen weiterhin wie alle anderen unter Trommelschlag und hinter einer Fahne zur Baustelle. Nur die besseren Bürger konnten es sich leisten, statt ihrer einen Knecht oder eine Magd schickten.

Diese im 19. Jahrhundert mit Hilfe von Plänen Merians ergänzte Handzeichnung von Dilich zeigt, wie die neuen Bastionen aussahen.

Die Bastionen des portugiesischen Almeida wurden ungefähr zur gleichen Zeit wie die Wallanlagen von Frankfurt angelegt. Sie geben einen guten Eindruck davon, wie das Verhältnis von Erde zu Mauern auch in Frankfurt ausgesehen haben mag. Foto: KW.

Heute würden ungeschulte Kräfte auf einer Baustelle eher aufhalten. Damals brauchte es Herden von Handlangern, um die gewaltigen Erdarbeiten durchzuführen. Denn die alten Stadtgräben vor der Mauer mussten aufgefüllt, die Bastionen aufgeschüttet werden. Riesige Erdwälle entstanden, die nur oberflächlich mit Steinmauern verkleidet waren, um so die Wucht der aufprallenden Kanonenkugeln abzufangen. Davor legte man Wassergräben an. Sie verhinderten, dass feindliche Sappeure Gänge unter die Erdwälle vortrieben. In ihnen hätten unterirdische Minen gezündet werden können, die einen Teil der Befestigung zum Einsturz gebracht hätten.

Ende 1631, als Gustav Adolf vor den Toren Frankfurt Einlass begehrte, war die Stadtbefestigung noch nicht so weit fortgeschritten, dass man hätte den Widerstand wagen können. Den Frankfurter Stadtvätern blieb nichts anderes übrig, als ihre Kaiserfreundlichkeit ad acta zu legen, um den Glaubensbruder in den eigenen Mauern willkommen zu heißen. Frankfurt wurde verschont, was mit hohen Kontributionen erkauft wurde.

Wir kennen die Zahlen aus dem Rechnungsjahr 1633: In diesem einen Jahr zahlte Frankfurt 168.038 Rechnungsgulden als Kontributionen an die Schweden. Dazu kamen 61.922 Rechnungsgulden für Sold und 44.939 Gulden für den Befestigungsbau. (Die Zahlen sind entnommen Friedrich Bothe, Gustav Adolfs und seines Kanzlers wirtschaftspolitische Absichten auf Deutschland. Frankfurt (1910), S. 209ff.)

Die Schweden drangen nämlich darauf, die Befestigung unter Hochdruck zu vollenden. Sie hofften, in Frankfurt eine Festung für ihre Sache zu haben. Aber als das Heer 1635 abziehen musste, war der Mauerring noch nicht fertiggestellt. Das dauerte bis lange nach dem Ende des 30-jährigen Krieges. Erst 1667 war die Befestigung vollendet, wobei in ihre Instandhaltung auch später noch jedes Jahr mehrere Tausend, nicht selten mehrere Zehntausend Gulden investiert werden mussten.

Frankfurt. Reichstaler 1696 (Jahreszahl im Stempel aus 1695 geändert). Sehr selten. Fast vorzüglich. Taxe: 3.000 Euro. Aus Sammlung Loos, Auktion Künker 392 (2023), Nr. 2299.

Der Frankfurter Hafen

Frankfurt konnte sich das leisten, wie dieses Münzbild zu illustrieren scheint:

Ausschnitt aus Künker 392 (2023), Nr. 2299

Der Handel boomt. Zahlreiche Schiffe liegen an der Schifflende und werden mit dem Hafenkran be- und entladen. Am Ufer sehen wir Waren, die von Schauerleuten in die jeweiligen Lagerhallen transportiert werden. Aber Achtung! Auch dieses Bild ist keine zeitgenössische Erfindung des Stempelschneiders aus dem Jahr 1696.

Ansicht des Hafens von Frankfurt von Matthäus Merian aus dem Jahr 1646.

Es entstand vielmehr ein halbes Jahrhundert früher, nämlich noch während des 30-jährigen Krieges im Jahr 1646. Matthäus Merian entwarf diesen Kupferstich mit der Ansicht des Frankfurter Hafens. Auch das erkennen Sie wieder deutlich an den Schiffen.

Ausschnitt aus Künker 392 (2023), Nr. 2299

Ausschnitt aus der Hafenansicht von Merian aus dem Jahr 1646.

Um die Hafenmole herum sind mehrere Schiffe angeordnet: Rechts das größte mit einer deutlich zu erkennenden Takelage ohne aufgezogene Segel, direkt vor der Mole ein weiteres Schiff mit Takelage, links von der Mole am Ufer liegen weitere Schiffe, deren Ruder deutlich erkennbar hervorgehoben sind. Einzig das kleine Ruderboot links von der Mole wurde auf der Münzdarstellung zu einem Segelboot.

Wenn wir also Stadtansichten auf Münzen bewundern, sollten wir immer im Hinterkopf behalten, dass das Design wahrscheinlich nicht vom Stempelschneider selbst stammt, sondern einen Kupferstich als Vorlage hat. Vielleicht ist er zeitgenössisch, vielleicht wurde er wesentlich früher angefertigt.

Das Gesagte gilt übrigens nicht nur für Stadtansichten, sondern auch für viele historische Medaillen. Hier die Vorlagen zu identifizieren, ist eine aufwändige Tätigkeit, die durch das Internet aber um einiges leichter geworden ist. Machen Sie sich selbst den Spaß und suchen nach der Vorlage für Ihre Münze!