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Goldene Schaumünze zu 10 Dukaten o. J. (1. Viertel des 17. Jahrhunderts).

GERMAN COINS AND MEDALS
HAMBURG, STADT

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Lot number 181




Estimated price: 20,000.00 €
Hammer-price / sale price: 24,000.00 €


Goldene Schaumünze zu 10 Dukaten o. J. (1. Viertel des 17. Jahrhunderts). °¬° MOSES Û VIRGA Û PRODVXIT Û AQVAM Û DE Û PETRA Û PPLO Û ISRAEL Û ET Û MORTVI Û SVNT Moses steht nach r. mit Stab und schlägt an einen Felsen, aus dem Wasser fließt, um ihn das Volk Israel, welches aus dem entstehenden Bach trinkt, im Hintergrund Zeltlager und ein Baum, oben Strahlen aus Wolken.//°¬° QVI Û VERO Û BIBERIT Û AQVAM Û CHRISTO Û DANTE Û NON Û MORIETVR Û IN Û ÆTERNVM Christus sitzt r. an einem Brunnen, l. steht die Samaritanerin mit einem Krug, im Hintergrund Stadtansicht des biblischen Sichar. 53,42 mm; 35,25 g. Gaed. -; Slg. Kirsten -; Slg. Oetling -; Slg. Feill -. Kein Nachweis in der einschlägigen Referenzliteratur.


GOLD. Von größter Seltenheit. Attraktives, sehr schönes Exemplar

Diese Prägung zählt in Anbetracht ihrer Machart, des sorgfältig und sauber in flachem Relief ausgeführten Stempelschnitts und der stilistischen Ausführung zu einer Gruppe breiter norddeutscher Schaumünzen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit biblischen Themen (A. R. Doumaux Jr. The Hamburg Connection. In: The Numismatist, February 1989, S. 242-252). Erwiesenermaßen wurden solche in Hamburg und wohl in geringerem Umfang auch in Lübeck, Lüneburg und Wismar hergestellt, oft versehen mit den Zeichen der jeweiligen dort amtierenden Münzmeister. Möglicherweise finden sich unter den übrigen Stücken, die nicht mit einer deutbaren Signatur versehen sind, aber auch einige, deren Prägestätte andernorts in Norddeutschland zu suchen ist. In Anbetracht der Typenvielfalt und der Zahl der vorliegenden Referenzstücke dürfte Hamburg das Zentrum dieser Produktion gewesen zu sein. Die zweifelsfrei Hamburg zuzuordnenden Stücke wurden unter den Münzmeistern Christoph Feustel (1621-1634, vgl. Gaed. 1539-1546, 1549-1552) und Matthias Freude (1635-vor 1669, vgl. Gaed. 1580-1590) geschlagen. Für Lübeck sind solche Schaumünzen mit biblischer Thematik unter Münzmeister Heinrich von der Klähren (1619-1644, vgl. Behrens 727-728) sicher nachweisbar, für Lüneburg unter Münzmeister Jonas Georgens (vgl. Mader 751-764) und für Wismar offenbar in sehr geringen Umfang unter Münzmeister Jacob Mauche (1622-1624).

Die Prägung erfolgte in der Münzstätte neben der regulären Ausbringung von Kurantgeld und Handelsgoldmünzen. Man verausgabte diese breiten und repräsentativen Schaustücke - am regulären Münzfuß orientiert, meist in Silber zu 1, 1 ½ und mehrfachen Talern, seltener auch in Gold im Wert bis zu einem Portugaleser zu 10 Dukaten. Die Stempelschneider schufen verschiedene Typen, indem sie sich Bildthemen bedienten, die insbesondere um Jesus Christus kreisen. Zum ikonographischen Typenvorrat zählen hier die Verkündigung Mariens, das Christkind im Stall zu Bethlehem, die Verehrung des Kindes durch die Hirten und die drei Könige aus dem Morgenland, die Taufe Christi im Jordan, die Kreuzigung und Wiederauferstehung sowie weitere Episoden aus dem Leben Christi, wie die Hochzeit zu Kana oder die auf dem Avers des vorliegenden Exemplars thematisierte Begebenheit, vereint mit jeweils passenden Umschriften. Dergestalt fanden solche Schaumünzen Abnehmer in Kreisen des Bürgertums und Adels, wo man sie überwiegend zu besonderen Anlässen im menschlichen Leben, in der Regel ausgewählt nach ihrer bildlichen Thematik (z. B. als Hochzeits- oder Tauftaler, respektive -dukaten), als (geld-)wertige, mit einer religiösen und zugleich moralischen Botschaft versehene Erinnerungsstücke verschenkte.

 

Das vorliegende goldene Schaugepräge ist zweifelsohne in die geschilderten zeitlichen, geographischen und funktionalen Kontexte einzuordnen. Die einschlägige Referenzliteratur liefert uns zu diesem Exemplar jedoch keine identischen Vergleichsstücke. Eine ältere, auf das Jahr 1554 datierte Prägemedaille des Kremnitzer Stempelschneiders Christoph Fuezl oder Fiesel (Huszar/Procopius 31; Domanig 229, Slg. Lanna 1331) zitiert auf Vorder- und Rückseite dieselben biblischen Bildthemen und Textpassagen; doch kann uns diese Analogie für das hier vorliegende, rund zwei Generationen jüngere Schaustück  nicht den geringsten Anhaltspunkt liefern, weder für eine zeitliche noch für eine geographische oder gar werkstattmäßige Verortung. Die Kremnitzer Medaille ist erheblich plastischer ausgestaltet und gänzlich im Stil ihrer Zeit verhaftet. Die Verwendung derselben Bildthemen und Um- respektive Aufschriften sowohl auf der Kremnitzer Prägung von 1554 als auch auf dem vorliegenden norddeutschen Schaustück betont lediglich die Beharrlichkeit und Langlebigkeit des biblischen Wort- und Bildprogramms in der Kunst. Die engste Verwandtschaft unseres goldenen Schaustücks besteht indes zu einem undatierten breiten 1 ½fachen Hochzeits-Schautaler (vgl. Abbildung Exemplar Auktion Künker 87, Nr. 4133 und Auktion Künker 170, Nr. 3976) mit flachem Reliefschnitt, der zwar mit der Szenerie der Vermählung eines Paares durch Christus auf dem Avers und der Hochzeit zu Kana auf dem Revers einen anderen Typ der hamburgisch-lübeckisch-lüneburgischen Schautaler darstellt, aber dennoch mit unserem Exemplar bestimmte gemeinsame Merkmale aufweist. Beide Prägungen dürften im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts entstanden sein, ihre Umschriften weisen ausschließlich die „spitze“ d. h. v-förmige Ausformung des Buchstabens U auf statt der auf späteren Exemplaren auftauchenden runden u-Form (mit Abstrich rechts). Als Gemeinsamkeit beider Schaumünzen ist die – wenngleich nicht punzenidentische – Kreuzrosette am Anfang der Vorder- und Rückseitenumschriften hervorzuheben, die nicht zwingend als schlichtes Ornament, sondern u. U. auch als Zeichen einer an der Prägung beteiligten Person interpretiert werden könnte. Gleichzeitig ist der identische Duktus der Buchstabenformen augenfällig (man beachte insbesondere die gleichartige Gestaltung des kennzeichnend geformten Buchstabens R), zudem die im Aversbild verblüffend ähnliche Gestaltung eines architektonischen Bildelementes in Gestalt des Kuppelturmes samt angebautem Gebäude. Auch die Existenz zweier Blüten auf einem Bodenstück im Vordergrund beider Aversdarstellungen mag als bemerkenswertes gemeinsames Detail auf beiden Prägungen hervorgehoben werden.

 

Die Vorder- und Rückseite des goldenen Schaustücks beziehen sich in Bild und Schrift auf zwei biblische Themen, in denen eine maßgebliche Rolle das Wasser spielt, das einerseits Leben spendet und lebensnotwendig ist, andererseits als Metapher gebraucht wird. Die Vorderseite thematisiert das im Johannes-Evangelium, Kapitel 4 geschilderte Gespräch Christi mit der Samaritanerin am Brunnen Jakobs vor den Toren der Stadt Sichar. In dieser Unterredung gibt sich Jesus als Messias zu erkennen und lehrt der Frau den Unterschied zwischen dem Brunnenwasser, das Durst nur für eine Weile löschen kann, und der Metapher des „lebendigen Wassers“ das als Gabe Gottes aus Christus entspringt, dem Menschen das Bedürfnis nach Gott stillt und zugleich die Quelle des ewigen Lebens darstellt: „Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt“ (Johannes Kap. 4, 14). Diesem neutestamentarischen Thema ist auf der Rückseite der Goldprägung ein alttestamentarisches gegenüber gestellt, das uns im 4. Buch Mose, Kapitel 20 geschildert wird. Der Flucht der Hebräer aus Ägypten folgte eine lange Wanderung durch die Wüste Sin[ai], in deren Verlauf der Glauben des Volkes Israel an Gott und das Zutrauen an Moses, ihren Führer, Priester und Mittler zu Gott mehrfach ins Wanken geraten war. Abermals begehrten die Israeliten auf und machten Moses und dessen Sprecher Aaron, den Vorwurf, sie aus dem Land der Pharaonen herausgeführt und in diese verdorrte und unfruchtbare Einöde geführt zu haben, wo man verdursten werde. Nachdem Moses und Aaron in der Abgeschiedenheit des Offenbarungszeltes Gott ihre Not vorgetragen hatten, gab dieser Moses den Auftrag, vor den Augen der Gemeinde mit einem Stab Wasser aus einem Felsen zu schlagen. Moses folgt dieser Weisung des Herrn und kann so seinen Schutzbefohlenen und dem Vieh das lebensnotwendige Wasser verschaffen. Da aber weder Moses noch Aaron vor der versammeltem Gemeinschaft für diese Gabe den Herrn gelobt, gehuldigt und wie auch das Volk an ihm gezweifelt hatten, erteilt Ihnen Gott die Strafe, dass beide das gelobte Land Kanaan niemals betreten werden.