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Ein Platinset aus dem Jahr 1839 aus dem Besitz des russischen Großfürsten Georgi Michailowitsch

20. December 2018 23:59


Am 31. Januar 2019 veranstaltet das Auktionshaus Künker im Rahmen der World Money Fair seine Auktion 316. Einer der Höhepunkte findet sich in der Abteilung „Russland“. Angeboten wird ein komplettes Set russischer Platinmünzen aus dem Jahr 1839. Das Besondere daran ist die Herkunft. Alle drei Münzen stammen aus der Sammlung des Großfürsten Georgi Michailowitsch bzw. des polnischen Grafen Emmerich Hutten-Czapski.

Russland. Nikolaus I., 1825-1855. 12 Rubel Platin 1839, St. Petersburg. Mit Sammlerpunze von Hutten-Czapski. Mit der Bewertung NGC (photo-certificate) PF 64 Cameo. Mit Expertise von Schiryakov & Co., Moskau. Polierte Platte (Proof), leicht berührt. Taxe: 250.000,- Euro

Drei Münzen aus Platin
In den Jahren zwischen 1828 und 1845 ließ die russische Regierung aus 14.665 kg Platin mehr als 1,2 Mio. Platinmünzen im Nominalwert von insgesamt 4.251.843 Rubel prägen. Damit wollte man das seit 1824 industriell gewonnene Platin einem sinnvollen Zweck zuführen. Dahinter stand der russische Finanzminister, der in Hanau geborene Georg von Cancrin. Er überzeugte Zar Nikolaus I., am 25. April 1828 die Genehmigung zu erteilen, Platinmünzen im Wert von 3 Rubeln auszuprägen. 1829 kamen Münzen im Wert von 6 Rubel dazu, ab September 1830 produzierte man außerdem 12 Rubelstücke.

Russland. Nikolaus I., 1825-1855. 6 Rubel Platin 1839, St. Petersburg. Mit Sammlerpunze von Hutten-Czapski. Mit der Bewertung NGC (photo-certificate) PF 64 Cameo. Mit Expertise von Schiryakov & Co., Moskau. Polierte Platte (Proof), winzige Kontaktstellen. Taxe: 150.000,- Euro


Die Herstellung der dafür notwendigen Legierung war damals höchst kompliziert. Denn wegen seines hohen Schmelzpunkts von 1.768 Grad war es nicht möglich, Platin so einfach auszuschmelzen wie Gold (1.064 Grad) oder Silber (961,8 Grad). Es musste auf chemischem Wege gewonnen werden. Die Verarbeitung des Rohmaterials, des so genannten „Platinschwamms“, zur Ronde war äußerst aufwändig und dauerte mehrere Tage.

Russland. Nikolaus I., 1825-1855. 3 Rubel Platin 1839, St. Petersburg. Mit Sammlerpunze von Hutten-Czapski. Mit der Bewertung NGC (photo-certificate) PF 64 Cameo. Mit Expertise von Schiryakov & Co., Moskau. Polierte Platte (Proof), leicht berührt. Taxe: 100.000,- Euro


Trotz des hohen Aufwands, der zur Herstellung betrieben wurde, waren die Münzen in der russischen Bevölkerung nicht beliebt. Zu leicht verwechselte man sie mit Silbermünzen. Und da Platin im Ausland höher bewertet wurde, flossen viele Münzen aus Russland ab. Deshalb verbot der Zar 1845 den Export von Platinmünzen und beendete deren Prägung im Juni des gleichen Jahres. 
75-77 % der Münzen wurden danach eingesammelt, gegen Gold- und Silbermünzen getauscht und eingeschmolzen. Aus diesem Grund sind Platinrubel heute so selten, vor allem in der perfekten Erhaltung, in der Künker das komplette Set anbieten kann.

Dabei stellt übrigens der Jahrgang 1839 noch eine besondere Rarität dar. Mit dieser Jahreszahl wurden gemäß der Unterlagen der Münzstätte nur zwei komplette Sätze hergestellt. Anscheinend produzierte man zu einem späteren Zeitpunkt allerdings noch Novodels aus den alten Stempeln. Dr. Igor Shiryakov, Leiter des Münzkabinetts im Staatlichen Historischen Museum Moskau, geht davon aus, dass es sich bei den Stücken, die Künker in Auktion 316 anbietet, um solche Novodels handelt. Diese Praxis wurde übrigens 1890 eingestellt - und das ausgerechnet auf Befehl von Georgi Michailowitsch. 

Großfürst Georgi Michailowitsch. Foto: Library of Congress. Digital ID ggbain. 16954.


Der Sammler Georgi Michailowitsch

Der russische Großfürst Georgi Michailowitsch dürfte wohl der renommierteste Sammler russischer Münzen sein, was nicht nur daran liegt, dass er die bedeutendste Sammlung zusammentrug, sondern auch dran, dass er als Enkel von Zar Nikolaus I. zur Familie der Romanows gehörte.
Am 23. August 1863 kam Georgi Michailowitsch zur Welt. Sein Vater, Großfürst Michael Nikolajewitsch, bekleidete damals das Amt des Generalgouverneurs des Kaukasus. Georgis Mutter war eine Deutsche. Cäcilie, die in Russland den Namen Olga Feodorovna trug, stammte aus Baden und war berühmt für ihre scharfe Zunge und ihre eiserne Hand. 
So wurde der kleine Georgi genau wie seine Brüder spartanisch erzogen. Er schlief auf einem Feldbett musste um 6.00 aufstehen und kalte Bäder nehmen. Der Unterricht dauerte von 8.00 bis 11.00 und von 14.00 bis 18.00 Uhr. Wer sich verrechnete, musste eine Stunde knien. Wer ein Wort falsch buchstabierte, dem wurde das Dessert gestrichen.

Ein Treffen der Familie Romanow: Von l. nach r.: Zar Nikolaus II., Großfürst Konstantin Konstantinowitsch, Großfürstin Maria Pavlovna, Großfürst Sergej Alexandrowitsch, Großfürst Michael Nikolaijewitsch, Großfürst Georg Michailowitsch und Großfürst Sergej Michailowitsch. Foto aus dem 1890er Jahren.

Ob Georgi Michailowitsch unglücklich darüber war, dass eine schwere Verletzung des Beins ihn hinsichtlich seiner Tauglichkeit einschränkte? Er wurde jedenfalls nicht mit administrativen oder militärischen Aufgaben betraut. Stattdessen setzte man ihn in Sachen Kulturpolitik ein. Zum Glück möchte man sagen. Er ist jedenfalls heute - zumindest in numismatischen Kreisen - wesentlich bekannter als alle anderen Großfürsten.
Zar Nikolaus II. machte ihn nämlich 1895 zum Direktor des neu gegründeten Russischen Museums. Dies kam den Interessen Georgi Michailowitschs entgegen. Der hatte sich schon als 14jähriger für die Numismatik interessiert.

Die Sammlung Michailowitsch

Wie sein Zeitgenosse, König Vittorio Emanuel III. von Italien, war Georgi Michailowitsch ein bedeutender Numismatiker. Er schrieb zehn Monographien, darunter seinen 12bändigen Katalog der Münzen des russischen Zarenreichs 1725-1891, der bis heute eines der wichtigsten Werke der russischen Numismatik geblieben ist. 
Und ganz nebenbei baute Georgi Michailowitsch die wohl bedeutendste Sammlung von russischen Münzen und Medaillen auf, die jemals existiert hat. Man sagt, dass jeder Münztyp, der irgendwann in Russland kursierte, zumindest in einem Exemplar in seiner Sammlung lag. 1909 beschloss er, seine eigene Sammlung zur wissenschaftlichen Bearbeitung in das Russische Museum zu verlagern.
Und dann kam die Revolution. Georgi Michailowitsch wurde am 3. April 1918 gefangen genommen und zusammen mit seinen Brüdern am 28. Januar 1919 erschossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte man seine Münzsammlung schon in Kisten verpackt und unter nicht mehr rekonstruierbaren Umständen außer Landes verbracht, so dass seine Witwe darüber verfügen konnte. Deshalb liegen heute große Teile der Sammlung in der Smithsonian Institution.

Porträt von Emmerich Hutten-Czapski (1828-1896).

Die Sammlung Hutten-Czapski
Die Sammlung Michailowitsch ist auch deshalb von so großer Bedeutung, weil es dem Großfürsten gelang, die russischen Münzen des Grafen (und Numismatikers) Emmerich Hutten-Czapski zu erwerben. Dieser polnische Adlige hatte in der russischen Verwaltung Karriere gemacht. Er hatte in diesen Jahren eine beeindruckende Sammlung von äußerst seltenen russischen Münzen zusammengetragen, die er zwischen 1882 und 1884 an Georgi Michailowitsch verkaufte, um seinerseits sein Spezialgebiet Polen weiter ausbauen zu können.
1894 zog Hutten-Czapski von St. Petersburg nach Krakau, das damals gerne auch als das polnische Athen bezeichnet wurde. Dort ist noch heute seine Sammlung zu besichtigen. Seine Witwe schenkte sie 1896 der Stadt. Aus diesem Grund trägt das numismatische Museum von Krakau den Namen „Emmerich-Hutten-Czapski-Museum“.

Damit sind die drei bei Künker angebotenen Objekte nicht nur ein herausragendes Beispiel für eine ganz besondere Episode der russischen Geldgeschichte, sondern auch ein Zeugnis für das Wirken von zwei herausragenden Numismatikern, von Großfürst Georgi Michailowitsch und Graf Emmerich Hutten-Czapski.